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Impuls zum 26. Januar 2025

Zum 3. Sonntag im Jahreskreis

Von Susanne Warmuth (Aschaffenburg), Geistliche Beirätin von pax christi Würzburg

So viele Programme
Der Wahlkampf in unserem Land ist in vollem Gange.  Die Parteien haben ihre Programme erstellt, mache sind eher dünn ausgefallen, andere erreichen die Stärke eines Buches. Egal, wie umfangreich das Programm ist - die Wähler:innen sollen überzeugt werden, dass diese Partei die richtige ist und die Stimme der Bürger:innen verdient. Viele Versprechungen sind da abgedruckt, und manchmal fragt man sich schon beim Lesen: Können diese Versprechen überhaupt eingelöst werden? Woher sollen die notwendigen Finanzen dafür kommen, wo sind die Ressourcen für das alles? Und ganz wichtig: verdienen die Vertreter:innen der Parteien mein Vertrauen? Kann ich mich darauf verlassen, dass sie für die Menschen unseres Landes wirklich das Beste wollen?

Was von all dem ist richtig?
Wofür sollen wir leben, sag uns, wofür?
So viele Gedanken, welcher ist wichtig?
So viele Programme, welches ist richtig?
So viele Fragen! Die Liebe zählt.
Lothar Zenetti

Evangelium Lk 4, 14 – 22a
Jesus kehrte, erfüllt von der Kraft des Geistes, nach Galiläa zurück. Und die Kunde von ihm verbreitete sich in der ganzen Gegend. Er lehrte in den Synagogen und wurde von allen gepriesen. So kam er auch nach Nazaret, wo er aufgewachsen war, und ging, wie gewohnt, am Sabbat in die Synagoge. Als er aufstand, um vorzulesen, reichte man ihm die Buchrolle des Propheten Jesaja. Er öffnete sie und fand die Stelle, wo geschrieben steht:
Der Geist des Herrn ruht auf mir; / denn er hat mich gesalbt.
Er hat mich gesandt, / damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe;
damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde / und den Blinden das Augenlicht;
damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.
Dann schloss er die Buchrolle, gab sie dem Synagogendiener und setzte sich. Die Augen aller in der Synagoge waren auf ihn gerichtet. Da begann er, ihnen darzulegen: Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt. Alle stimmten ihm zu; sie staunten über die Worte der Gnade, die aus seinem Mund hervorgingen.

Eine programmatische Rede von Jesus
Das erste öffentliche Auftreten von Jesus verlegt der Evangelist Lukas nach Nazareth, in die Heimatstadt Jesu. Dort ging Jesu, wie es die Gewohnheit der Juden war, in die Synagoge. 
Was er dann aus der Buchrolle den Zuhörern vorliest, ist gleichsam das Programm für sein öffentliches Wirken: 
Der Geist des Herrn ruht auf mir; / denn er hat mich gesalbt.
Er hat mich gesandt, / damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe;
damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde / und den Blinden das Augenlicht;
damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.
Der Geist des Herrn ruht auf mir – Jesus weiß, dass er von seinem Vater gesandt wurde
und von ihm einen Auftrag hat. Er bindet sich zurück an diesen Auftrag und nimmt ihn an. 
Seine Aufgabe ist es, die Befreiung zu verkünden und zu bringen, die Befreiung von Armut und jeglicher Unterdrückung; die Würde jedes Menschen einzufordern und das Gnadenjahr des Herrn auszurufen. (Damit weist Jesaja auf das Jubeljahr hin, das der Natur alle sieben Jahre Ruhe gegönnt hat – er betont also ein gutes Leben nach Gottes Schöpfungsordnung).
Die wenigen Verse aus dem Buch des Propheten Jesaja genügen Jesu, um seine Pläne vorzustellen. Ein kurzes, aber aussagekräftiges Programm.

Wichtige Grundlagen der Befreiungstheologie
Vor über 30 Jahren lebte ich ein Jahr im Nordosten Brasiliens. Es war die Zeit, als Dom Helder Camara Bischof der Diözese Recife - Olinda war. Ich hatte damals Kontakte zu vielen Basisgemeinden. Es gab zwei Texte, die in den Gottesdiensten und Versammlungen immer wieder vorgelesen und besprochen wurden.
Das war zunächst der Text des Propheten Jesaja, den Jesus in seiner Antrittsrede vorliest, und den wir heute im Evangelium hören. 
Und es war außerdem das Magnifikat, mit dem Maria ihren Herrn preist.
Meine Seele preist die Größe des Herrn / und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.  Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. / Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter. Denn der Mächtige hat Großes an mir getan / und sein Name ist heilig. Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht / über alle, die ihn fürchten. Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: / Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind; er stürzt die Mächtigen vom Thron / und erhöht die Niedrigen. Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben / und lässt die Reichen leer ausgehen. Er nimmt sich seines Knechtes Israel an / und denkt an sein Erbarmen, das er unsern Vätern verheißen hat, / Abraham und seinen Nachkommen auf ewig. (LK 1, 46 – 55) 
Beide Texte waren den Menschen in den Basisgemeinden ungeheuer wichtig. Belegten sie doch, dass Armut und Unterdrückung nicht gottgewollt waren und ertragen werden mussten, im Gegenteil. Bei ihrem Einsatz für Gerechtigkeit und Befreiung, bei der „Option für die Armen“, wussten diese Menschen Gott an ihrer Seite.

Die Verantwortung der Zuhörenden
Zurück zum heutigen Bibeltext: Jesus hat den Text nicht nur für sich vorgelesen. Da waren auch die Zuhörer in der Synagoge, die mit ihren Augen und ihren Ohren anwesend waren, und die Rede Jesu verfolgten. Diese Menschen erwarteten voll Spannung seine Auslegung der Schrift. „Da begann er, ihnen darzulegen: Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt.“  Das Programm ist durch seine Anwesenheit schon Gegenwart geworden. Und Jesus nimmt auch die Menschen, die ihm zunächst freudig zustimmten, in die Pflicht. 
Heute geschieht das, was wir gehört haben. Es geschieht damals, und es geschieht heute, auch durch uns. Wir müssen die Entscheidung treffen: Wollen wir das Programm Jesu unterstützen? 

Wer ist gemeint?
Nein
Nicht jetzt
Nicht ich
Nein, es geht nicht.
Es geht! Anders.
Zuerst die Anderen
Die da oben
Die Mächtigen
Die Wirtschaft
Es geht! Anders
Es geht doch gut so.
Wer weiß, ob es anders besser ist.
Die vielen Stimmen …
Die vielen Meinungen …
Es geht! Anders.
Es geht! Mit Dir!
Es geht Schrift für Schritt.
Es geht im Miteinander.
Dein Wort in Gottes Ohr!
Es geht! Anders.
Glaub mir.
Mein Sohn hat es dir vorgelebt.
Andreas Paul
in: MISEREOR Begleitheft „Fastenaktion 2021“